Hauen, Beißen, Treten - Aggressionen gegen Geschwister

Ich weiß noch wie froh ich war endlich den zweiten positiven Schwangerschaftstest in der Hand zu halten. Damals war mein Sohn 10 Monate alt als ich von unserem zweiten Wunschkind erfuhr. Wir freuten uns sehr und doch merkte ich wie bei fortschreitender Schwangerschaft sich mein Sohn immer mehr veränderte. Ins 'negative'. 

Er schlief schlechter, wollte plötzlich zu uns ins Bett, klammerte. Er merkte wohl das ich vieles für ihn verändern würde. Dann wurde meine Tochter geboren, die ersten Tage ignorierte mich mein Sohn komplett. Zeigte gleich, dass er seine Schwester am Liebsten zurück gegeben hätte. In unserer Krabbelgruppe die wir jeden Mittwoch besuchten, wurde Luca zum Schläger. Er schlug jedes Kind welches sich im näherte sofern es jünger war als er selbst. So langsam machte ich mir Sorgen, fragte mich was ich falsch gemacht hatte, warum er so reagiere. Wir mieden erstmal den Kontakt zu den besagten Gruppen um die anderen Kinder zu schützen denn es überforderte ihn merklich.

Ich las einen wunderbaren Artikel vom Gewünschten Wunschkind. Dort ging es um die Entthronung von Erstgeborenen bei der Geburt eines Geschwisterchens und so langsam konnte ich ihn verstehen. Er hatte in einem Moment alles verloren was er 19 Monate allein besessen hatte. Wie sollte er denn mit 19 Monaten wissen, dass wir ihn ebenso lieben, dass immer unser Schatz bleiben würde? 

Auch als er Älter wurde besserte es sich nichts, Mia lernte robben und zog sich dann mit 7 Monaten überall in den Stand, er ging an ihr vorbei und warf sie um. Da sie weder Krabbeln noch Sitzen konnte, fiel sie natürlich wie ein Stein zu Boden. Es fiel mir so schwer ruhig zu bleiben, es fiel mir schwer ihm nicht pure Boshaftigkeit zu unterstellen. Ja, auch entwickelte ich wirkliche Wut gegen seine Handlungen. Es tat mir leid ihn so hilflos zu sehen, denn wie sollte er seinen Missmut anders ausdrücken als durch Aggressionen? Und auch ich war langsam hilflos.

Ich besorgte mir von Jesper Juul, Aggression, es half mir wirklich ihn zu verstehen. Ich las viel in Foren und fragte tausend Mal in der Unerzogenen Gruppe in Facebook wie ich auf ihn reagieren kann ohne ihn zu verletzen. Es war ein langer Weg und wurde einfach, als ich ihn so akzeptierte wie er war. Ich saß ständig neben beiden um rechtzeitig eingreifen zu können sodass die Verletzungen nicht so schlimm ausfielen. 

Auch jetzt mit 3 Jahren beißt er sie noch und zwar so feste das es wirklich blau wird. Allerdings ist der Auslöser meistens, dass sie ihm seine  Bauwerke zerstört oder ihn wirklich bedrängt. Es ist nicht leicht einen perfekten Weg zu finden, einen Weg indem ich beiden Kindern gerecht werde ohne der Richter zu sein. Ich weiß inzwischen welche Situationen ihn zum 'Ausrasten' bringen, ich beobachte ihn genau um rechtzeitig einzuschreiten oder ihn abzulenken sodass er sein vorhaben vergisst. Luca weiß das es Mia weh tut, deshalb brauch ich ihm nicht jedes Mal auf neue sagen "Hey das tut weh". Ich regel es momentan einfach so.

Sollte er sie beißen, tröste ich die Kleine und frage dann den Großen was denn er Auslöser war, wie wir es besser lösen könnten. Er versteht inzwischen wirklich viel und sagte momentan bevor er Körperlich wird "Mia das will ich nicht", dann weiß ich das es Zeit ist die Kleine aus der Situation zu nehmen und er seine Ruhe möchte.

Ich will euch damit sagen, dass Kinder so etwas mit boshaften Absichten machen, sie können sich meistens einfach nicht anders ausdrücken. Ich halte nichts davon ihn deshalb zu bestrafen, ihn mit Ignoranz versuchen dazu zu bewegen so zu handeln wie ich es möchte. Mit viel Liebe und Sicherheit werden auch wir unseren Weg finden. Sie versuchen uns mit ihrem Verhalten zu zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass sie etwas belastet und es ist unsere Pflicht zu versuchen das Problem zu beheben. Es ist nicht immer einfach eine Lösung zu finden die für beide Parteien perfekt ist, doch ich denke wenn man mit der nötigen Ruhe, dem Willen und ohne Vorurteile daran geht wird es besser. Man muss die Kinder so akzeptieren und ihnen helfen miteinander klar zu kommen auch wenn sie sich nicht lieben müssen, denn das kann man wirklich nicht erwarten. 

Es ist ein so komplexes Thema und ich kann nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten und das es eben nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen bei uns ist. Es gibt Höhen und Tiefen, manchmal bin ich deprimiert wenn der Tag wieder voller Streitigkeiten und Beißattacken war, dann versuchen wir es eben am nächsten Tag besser zu machen. Nobody is perfect...Ebenso haben wir uns überlegt ein Wutkissen anzufertigen. So kann er beissen und es werfen ohne jemanden weh zu tun. Luca möchte sich den Stoff aussuchen und ich setze mich an die Nähmaschine :) vielleicht ist das auch etwas für euch

Ich habe erst vor ein paar Tagen in einer tollen Montessori Gruppe die Empfehlung erhalten, mich mit der Gewaltfreien Kommunikation zu beschäftigen und mehr die Gefühle des Kindes spielen und auch seine Gefühle zu akzeptieren, denn er muss seine Schwester nicht lieben. Ich werde nun mich etwas über die GfK belesen und dann einen Artikel darüber schreiben :)